Unsere „Neuen“

Fragen: Richard K. / Text: Lennart F.

Infolge des Ukraine-Krieges fliehen viele Menschen nach ganz Europa, auch nach Deutschland. Bereits jetzt wurden von unserer Schule Flüchtlingskinder aufgenommen. Wie gut sind diese Kinder bereits integriert, wie war der Einstieg in die für sie neue Waldorfpädagogik und was können wir alle noch tun, damit den hier angekommenen Kindern und Jugendlichen geholfen wird? Ein Interview mit Frau Eggenweiler, die bei der Aufnahme und Integration der ukrainischen Kinder in unserer Schule großes Engagement aufbringt.

Richard: Wie viele Flüchtlingskinder aus der Ukraine sind denn bisher bei uns, und werden es vielleicht noch mehr werden?

Frau Eggenweiler: Wir haben bisher 28 Flüchtlingskinder aufgenommen und unsere Aufnahmefähigkeiten sind natürlich begrenzt, aber es ist möglich, dass wir im Unterstufenbereich noch welche aufnehmen können. An dieser Stelle möchte ich einfach nochmal sagen, was für ein großes Herz die Lehrer bewiesen haben. Die Klassen sind bei uns ja sowieso schon sehr groß und viele haben sich trotzdem dazu entschlossen, weitere Schüler aufzunehmen.

Richard: Sie haben den Kindern und ihren Eltern ja am Montagmorgen erste Einblicke in die Waldorfpädagogik gegeben. Wie haben diese auf das viele Neue, wie z.B. die Eurythmie reagiert?

Frau Eggenweiler: Sie waren sehr, sehr beindruckt und positiv überrascht, was für Fächer wir hier an der Schule haben und bedanken sich jeden Tag, dass sie die Möglichkeit haben, Teil dieser Schule zu sein. Die Dankbarkeit war von Seiten der Schüler und Eltern deutlich aus den Augen zu lesen und die Fächer, die sie bisher nicht kannten, wirkten für manche, die ja teilweise Wochen unterwegs waren, wie eine Art Therapie. Man kann sehen, wie die Kinder mit strahlenden Augen Fächer wie Werken oder Handarbeit besuchen. Da sagen die Eltern teilweise, in so einer Schule wäre ich auch gerne gewesen.

Richard: Gut. Was ist der richtige Umgang, den man jetzt mit den Kindern pflegen muss, um ihnen zu helfen?

Frau Eggenweiler: Ich denke, dass es am wichtigsten ist, Offenheit zu zeigen – alles andere wird kommen, die Sprache und so weiter. Aber wenn wir einfach diese Willkommensgeste zeigen, dann wird das schon helfen. Jeder von uns fühlt, ob der Gegenüberstehende offen ist und einen wahrnimmt. Wir müssen ihnen eine Atmosphäre von Geborgenheit geben. Viele Eltern haben mir geschrieben, dass ihre Kinder seit Langem wieder gelacht haben. Und das ist kein euphorisches Schönreden, das ist eine Tatsache.

Richard: Haben Sie irgendwelche Bedenken, dass die Integration nicht klappt, da die Kinder ja schon einiges erlebt haben?

Frau Eggenweiler: Da habe ich kaum Bedenken, besonders bei Kindern geht so ein Prozess ganz schnell. Das Wichtigste ist, wie gesagt, dass sie sich hier geborgen fühlen. Ich kenne Erstklässler, die sich jetzt schon sehr gut angepasst haben. Da funktioniert alles, als ob sie schon immer dabei gewesen wären. Andererseits ist uns ganz bewusst, dass die Kinder täglich mit dem Thema Krieg konfrontiert werden. Warum? Weil die meisten von ihnen Brüder, Väter oder Vettern haben, die in der Ukraine bleiben mussten. Und was für ein Gefühl bekommt man da, wenn man mehr als zwei Stunden keine Nachricht von ihnen erhält!

Richard: Ich habe die Frage quasi schon mal gestellt – aber was kann jeder von uns – egal ob Schüler oder Lehrer – tun, um den Kindern zu helfen?

Frau Eggenweiler: Das ist wie gesagt eigentlich nicht so schwer. Es geht nicht nur darum, ihnen diese materiellen Sachen anzubieten, wobei das natürlich auch wichtig ist. Zum Beispiel fragen die Paten, was die Kinder brauchen, wie zum Beispiel Ranzen, Sportsachen und vieles mehr. Wir haben in dieser Klasse schon „für drei Schulen“ Ranzen gesammelt. Alle wollen helfen, das ist ganz positiv. Und als Schüler: Einfach nur „Hallo“ sagen oder begrüßen, sie müssen ja bald Deutsch lernen. Oder auch mal was mit den Schülern unternehmen und sie vielleicht einladen.

Richard: Frau Eggenweiler, wir danken Ihnen für das  Gespräch – und für Ihr großes Engagement.