Die Dealer ihrer Majestät

Wie schon in einem letzten Artikel erwähnt, wurde das chinesische Qing Reich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch durch die beiden verlorenen Opiumkriege stark geschwächt. Die Geschichte dazu, was es damals mit dieser Droge auf sich hatte und welche Rolle England dabei spielte, erfahrt ihr jetzt.

Mit nur einem Schuss zerstört 1841 der moderne britische Raddampfer “Nemesis“ eine chinesische, schon seit Jahrhunderten in der immer gleichen Holzbauweise gebaute Dschunke. China, 10 Jahre zuvor noch eines der mächtigsten Länder und Volkswirtschaften (ca. ein Drittel der damaligen Weltbevölkerung lebte dort): vor der ganzen Welt degradiert zur rückständigen und ‚gestrigen‘ Nation!

Doch was war passiert? Schon seit Jahrhunderten waren chinesische Waren sehr beliebt auf dem Weltmarkt, allem voran Tee, Porzellan und Seide. Vor allem ersteres war gerade im britischen Empire sehr begehrt. Kauften die Engländer um 1783 noch 2700 Tonnen Tee pro Jahr, waren es 50 Jahre später schon 13.600 Tonnen. Trotz immenser Steuereinnahmen der Krone blieb das Teegeschäft aber auf Dauer für die East India Company (Firma im Staatsbesitz) und damit auch für das gesamte Empire ein ruinöses Geschäft. Die Chinesen wollten nämlich im Gegenzug keine britischen Waren erwerben, was für eine negative Handelsbilanz sorgte.
Generell betrachteten die Chinesen alle anderer Völker als Barbaren. Sogar allein dem Kaiser Tribut zu zahlen, galt als eine Ehre, die dieser erst einmal gewähren muss. Das Land war größtenteils in einer selbst gewählten Isolation, ausländische Botschafter erfuhren, wenn sie denn überhaupt Audienz bekamen, nur Verachtung.

Doch gegen Ende des 18. Jahrhunderts entdeckt die Company eine Ware, die die Chinesen sehr wohl begehren. Das aus den Samenkapseln von Schlafmohn gewonnene Opium ist in China anfangs nur als Heilmittel bekannt gewesen. Doch um 1800 ist die Rauschwirkung durch das Rauchen sehr wohl geläufig und die Nachfrage steigt. Die Briten haben in Ostasien ein Monopol auf die Droge und schmuggeln diese in Massen nach China.

James Matheson und William Jardine werden die größten Opiumhändler des Empire. Das sie mit einem zerstörerischen Gift handeln, scheint sie nicht zu stören. Auch kümmert sie nicht, dass der Kaiser in Peking ihren Geschäften nach Jahren ein Ende setzten könnte. Deswegen kommt es umso überraschender.

Bald schon rauchen über 12 Millionen Chinesen Opium. Da vor allem Beamte dem Rauschgift verfallen, ist der Schaden für den Staat immens, ganz zu schweigen von der dadurch negativen Handelsbilanz Chinas. Lange Zeit kann der Kaiser das, offiziell ja verbotene, Geschäft nicht stoppen, doch diesmal schickt der Hof den fähigen Beamten Lin Zexu. Als dieser massenhaft Opium beschlagnahmt und zerstört (die Krone zahlt den illegalen Händlern Entschädigung) und dann auch noch die Ausländer in der Provinz Kanton als Geiseln nimmt, um den Handel zu stoppen, sehen die Briten den freien Handel bedroht. Vor allem Jardine drängt stark Richtung Krieg, der in England aber auch viele Gegner hat und den das Empire danach dennoch vom Zaun bricht. Die Qing Dynastie (Fremdherrschaft der aus dem Norden kommenden Mandschu), damals schon aus verschiedenen Gründen am Boden, verliert den Krieg krachend, muss den Opiumhandel fortan dulden, mehr Häfen für Ausländer öffnen und den Briten die Insel Hongkong abgeben. 1856 wehren sich die Chinesen noch einmal gegen den Drogenhandel, doch die Briten antworten erneut mit einem Krieg, der sogar mit der Eroberung Pekings endet.

China war nach diesen beiden sog. Opium-Kriegen nur noch ein Schatten seines früheren Selbst: Bis zu ihrem Sturz 1911 passierten unter den Qing diverse Katastrophen und Bürgerkriege. Viele Länder nahmen sich darauf vom schwachen China ein Stück, sogar Deutschland. Letztendlich gehören unter den vielen Gründen, warum das große chinesische Kaiserreich unterging, die Opiumkriege zu den entscheidenden.