Zukunftsprozessoren – eine Revolution bahnt sich an


Teil 2
Wie im 1. Teil gezeigt wurde, steigen die Anforderungen an unsere Rechenprozessoren immer weiter an. Zugleich und auch gerade deshalb müssen sie immer kleiner werden. Jedoch setzen die immer höher werdende Fehleranfälligkeit in immer komplexer werdenden Herstellungsprozessen, aber auch bestimmte Eigenschaften der Atome wie der quantenmechanische Tunnelstrom dem Verkleinerungsprozess eine Grenze: Die Minimalgröße von Transistoren liegt bei 2-3 Nanometern [3]. Laut aktueller Machbarkeitsstudien (Apple) sind vielleicht noch 5nm erreichbar [2]. Zur Erinnerung: 5 Nanometer, das ist 15.000-mal kleiner als ein menschliches Haar! Doch ein Quantensprung könnte bevorstehen.

Schon länger arbeiteten findige Köpfe an neuen Konzepten und Techniken, Prozessoren noch energieeffizienter, rohstoffschonender und leistungsfähiger zu machen als alles, was wir uns mit unseren Silicium Prozessoren vorstellen können. Ich stelle hier vier Konzepte vor, die in nicht allzu ferner Zukunft den Markt aufmischen und unsere Computerwelt revolutionieren könnten:

Schwefel-Prozessoren
Schwefel und Silicium haben auf den ersten Blick nichts miteinander gemein. Doch in Verbindung mit Übergangsmetallen wie Molybdän wird Schwefel leitend und lässt sich theoretisch Schichten von der Dünne eines Atoms auftragen [4]! Ein Molybdän-Atom z.B hat einen Radius von 0,15nm [5] und Schwefel einen Radius von 0,18nm [6], so lassen sich 80-800mal so viele Transistoren auf einem Chip platzieren wie bisher [4]. Die Fehlerquote ist mit 99 zu 100 für Prozessoren allerdings noch recht hoch, doch in späterer Forschung und Optimierung sollten sich diese Kinderkrankheiten beheben lassen. Schwefel-Molybdän Verbindungen haben zudem noch einen fatalen Schwachpunkt: Durch sie fließt Strom langsamer als durch Silicium. Wie gravierend sich dies auf die Leistung auswirkt, muss noch geklärt werden. Ein Schub nach vorne wird es auf jeden Fall sein [4].

Der Silber-Transistor
Ein nicht zu vernachlässigender Teil der Lösung muss das Fertigungsverfahren selbst sein. Heute nutzt man Chemikalien und Licht, doch genau dieses Licht ist ein Problem: Durch dessen Wellenbewegungen werden die Verarbeitungsschritte mit abnehmender Größe unpräziser. Zusätzlich verbraucht das Endprodukt eine Menge Strom. Doch ein Ansatz einer Forschergruppe um Thomas Schimmel am Karlsruher Institut für angewandte Physik [7] könnte das ändern: Es ist ein Atomtransistor, dieser braucht ca. 10.000-mal weniger Strom als gewöhnliche Mosfets (siehe Teil 1) und er ist offiziell der kleinste Transistor der Welt, nur so groß wie ein Silberatom [8]. Der Transistor besteht aus zwei unvorstellbar winzigen Leitungen, die durch eine Lücke, nur so groß wie ein Eisenatom, von einander getrennt sind. Zwischen diesen befindet sich ein einzelnes Silberatom. Durch einen Elektrischen Impuls wird das Silberatom entweder aus der oder in die Lücke geschoben und leitet oder unterbricht den Stromfluss [8]. Damit ist der Transistor 100-1000mal kleiner als marktreife Transistoren [8]. Bisheriger Schwachpunkt: Die Herstellung ist derzeit noch unglaublich aufwändig und über die mögliche Schaltgeschwindigkeit ist auch noch nicht viel bekannt.

Der Bismut Transistor
Vor kurzem gelang der Firma IBM ein Rekord: Sie stellten den ersten Transistor im 2nm Verfahren her, das steigerte die Leistung um über 50% [9]. Und dann brach der Chip Hersteller TSMC diesen Rekord gleich noch einmal und schaffte 1nm[10], das ist gerade mal das dreifache eines Wassermoleküls. Nun, was ist das Besondere an Bismut? Wenn man einen normalen Transistor verkleinert, nimmt der elektrische Widerstand zu den Kontakten zu, doch setzt man Bismut ein, das Strom wesentlich widerstandsärmer leitet, kann man mit den bereits bekannten Techniken den Transistor problemloser weiter verkleinern, da man vom Widerstand her flexibler ist [10]. Bismut ist laut den Entwicklern nicht das beste Material, sondern einfach das unter den möglichen Kandidaten, das sich bisher am einfachsten verarbeiten ließ. Nun wollen das Entwickler-Team und viele andere aus den Ergebnissen lernen und das Verfahren verbessern. Vielleicht werden sie Bismut verwerfen, aber dieser Transistor ist bis jetzt der umsetzbarste in der Liste [10].

Der Licht-Transistor
Wie der Name schon zeigt, es wird immer unvorstellbarer! Dieser von IBM entwickelte Transistor ist bis zu 1000-mal schneller als gängige Transistoren und 100-mal schneller als die vorherigen auf der Liste [11] [12]. Bei herkömmlichen Transistoren wird Strom bzw. werden Elektronen geleitet, beim sogenannten Optischen Transistor ist das anders, dieser schaltet statt elektronischem einen Photonenstrom, also Licht-Teilchen. Theoretisch reicht ein einzelnes Photon für einen Schaltprozess aus, dabei entsteht nahezu keine Abwärme und es wird nur ein Hundertstel der Energie benötigt, die man sonst für elektronenbasierte Transistoren braucht. Doch wie genau funktioniert ein solcher Transistor nun?

Der Transistor besteht aus zwei übereinander liegenden Spiegeln, in der Mitte ist ein organischer Halbleiter, z.B. Karbonfaser, zwischen diese Spiegelplatten befördert ein Laser Photonen, dabei entstehen im Transistor Quasiteilchen, die sich in einem angeregten Zustand befinden. Das repräsentiert den Zustand 0. Gibt man jetzt Photonen in Form eines zweiten Lasers dazu, befinden sich die Teilchen im Transistor wieder im Ruhezustand. Das ist der Zustand 1 [13] [14] [15].

Diese Transistoren können mit Glasfaser miteinander verbunden werden und so kann die Leistung der Prozessoren verhundertfacht werden. Doch laut Ansicht der Forscher verbrauchen die Transistoren noch zu viel Energie und können das Ziel, mit nur einem Proton arbeiten zu können, noch lange nicht erreichen. Es gibt zudem noch das Problem, dass es mit weniger Photonen auch weniger Quasiteilchen im Transistor geben wird, was es schwieriger macht, überhaupt zu wissen, in welchem Zustand sich der Transistor befindet. [15]

Fazit
Diese Techniken sind bei weitem nicht die einzigen neuartigen Konzepte, doch es sind die, die der Markteinführung am nähesten sind. Durch ihre enorme Leistung werden Konzepte möglich, die wie aus einem Film klingen: Handys, die stärker sind als ein Rechenzentrum! In Genforschung und Medizin können winzige Chips ganze Organismen simulieren. Auch in der Luft und Raumfahrt werden möglichst kleine Chips gebraucht, so könnte das Gewicht einer Raumsonde von mehreren Kilo auf wenige Gramm sinken und uns so bisher unerreichbare Weiten zugänglich machen. Die Chip-Revolution könnte aber auch bei gleichzeitiger Erweiterung der technischen Möglichkeiten für möglichst viele Menschen zugleich eine Reduzierung des weltweiten Ressourcenbedarfs ermöglichen.

Quellen

[1] https://www.eco.de/presse/eco-studie-rechenzentren-sind-garant-fuer-nachhaltige-digitalisierung-in-europa/

[2] https://en.wikipedia.org/wiki/Transistor_count

[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Mooresches_Gesetz#Grenzen

[4] https://www.spektrum.de/magazin/material-fuer-kuenftige-computerchips/1346972

[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Molybdän

[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Schwefel

[7] https://aph-ags.webarchiv.kit.edu

[8] https://www.helmholtz.de/newsroom/artikel/der-kleinste-transistor/

[9] https://dug.com/ibms-new-chip-less-is-more/

[10] https://dug.com/smaller-faster-stronger-1-nm-chips-by-tsmc/

[11] Ein optischer Ein-Photonen-Transistor mit hoher Verstärkung | Max-Planck-Gesellschaft (mpg.de)

[12] Licht steuert Licht: Wie ein optischer Transistor funktioniert – Innovations Report (innovations-report.de)

[13] Are optical transistors the logical next step? (stanford.edu)

[14] World’s First Ultrafast All-Optical Room Temperature Transistor (ibm.com)

[15] Prozessor aus LICHT übertrifft jede CPU der Menschheit! – YouTube