Umbruch in Polen?

Auch wenn man es wenn dann nur am Rande mitbekommen hat, unser östlich gelegenes Nachbarland hat gewählt. Doch warum sollte das einen interessieren? Tatsächlich jedoch ist diese Wahl unglaublich bedeutend.

Für die letzten Acht Jahre wurde Polen von der nationalkonservativen PIS-Partei regiert. Unter ihnen verschlechterten sich die Beziehungen zur EU, was zuletzt dazu führte, dass diese Fördermittel für Polen in Milliardenhöhe zurück hält, also Gelder, die an EU-Länder ausgezahlt werden, um dort, allgemein gesagt, die Lebensqualität zu verbessern. Weil jedoch Polen mehrfach gegen EU-Recht verstieß („Disziplinarkammer“, Beschränkung der Unabhängigkeit der Gerichte usw.) verurteilte die EU Polen zu einer Millionen Euro pro Tag. Auch nutzt die PIS-Partei unfairerweise staatliche Strukturen für ihren Wahlkampf, ebenfalls ein NoGo für einen Rechtsstaat. Und über Skandale wie den illegalen Verkauf von bis zu 350.000 Visa und anderes wird im staatlichen Fernsehen eher weniger berichtet. Auch die extreme Einschränkung von Abtreibungen brachte einige Leute auf die Straße und stärkte immerhin die Zivilgesellschaft.

Da Polen oft als Brecher und Störenfried innerhalb der EU bekannt war, schaute man europaweit sehr genau auf diese Wahl. Der Wahlkampf war von Extremen geprägt.  Die größte Konkurrenz für die PIS war die „Bürgerplattform“ von Donald Tusk, anfangs unterschätzt konnte schließlich auch der „Christliche Dritte Weg“ einen rasanten Aufstieg verzeichnen und nicht zuletzt die Linke. Doch eins haben all diese Parteien gemeinsam, sie wollen die PIS absetzen und die Beziehungen mit der EU normalisieren, eine mögliche Koalition dieser drei Parteien ist nicht ganz unwahrscheinlich. Der Wahlkampf war auf Seiten der PIS geprägt von anti-deutschen und anti-europäischen Ressentiments bis hin zu einem gefälschten sog. Anruf des Deutschen Botschafters in einem Wahl Clip, der einfach nur noch unangenehm anzuschauen ist. Nun kam es am 15. Oktober zur Wahl und obwohl die PIS mit 35,4% die stärkste Kraft wurde, hatten ihre Gegner (Bürgerplattform 30,7%, Linke 8,6% und 3. Weg 14,4%) zusammen eine Mehrheit und lagen damit weit über der PIS.

Nun wird sich zeigen, wie es weiter geht, der Präsident betraut traditionell die Parteien mit der Regierungsbildung. Die PIS ist sich wahrscheinlich bewusst, dass ihre Zeit an der Spitze abgelaufen ist, ihren einzigen möglichen Koalitionspartner hatten sie zuvor im Wahlkampf übel beleidigt. Einige, so hört man, sollen sich schon vor dem Verlust der Macht fürchten, so könnte es mit einer unabhängigeren Justiz wieder Konsequenzen für PIS Funktionäre geben. Sie können die Regierungsbildung bestenfalls verzögern, doch auch innerhalb der Anti-PIS Koalition wird es Streitpunkte geben. Hoffen wir für Europa, aber auch für Polen das Beste, denn die Milliarden Hilfsgelder fehlen gerade in maroderen Gegenden.